Mario Hanschmann-Neubert fasst die Geschichte von über einem Jahrhundert VfK 1901 e.V. zusammen. In einem spannenden, aufschlussreichen Abriss werden die vielen sportlichen Höhepunkte ebenso beleuchtet, wie auch die gesellschaftliche Rolle des Vereins im Laufe der unterschiedlichen "Epochen". Der nachfolgende Text ist keine bloße Auflistung der Vereinschronik, sondern die spannende Geschichte eines kleinen Berliner Vereins mit all seinen Sonnen-, aber auch Schattenseiten....
(Christian "Bruce" Lee")
Die Gründerjahre 1901-1918
Den Verein für Körperkultur gibt es namentlich erst seit dem Jahr 1905. Gegründet wurde der Verein im Jahr 1901 unter dem für heutige Ohren seltsam klingenden Namen:
"DEUTSCHER VEREIN FÜR INTELLIGENTE LEIBESZUCHT"
Die Heimat des Vereins war das kurz zuvor am 31. Mai 1901 eröffnete "Licht-Luft-Sportbad am Kurfürstendamm" (Wilmersdorfer Str. 78). Über das dortige Treiben berichtet ein Zeitgenosse (Karl Mann) wie folgt:
"Beim Eintritt durch das Haupttor, gegenüber der Erfrischungshalle, bietet sich unseren Blicken ein eigenartig bewegtes, fast komisches Bild, (...). Hei! Wie die schlanken Gestalten da so beweglich sind. Wie man in ungezwungener Lebensfreude umherspringt, in Luft aufjauchzend sich austollt, wenn die reine freie Luft den heißen Leib umfächelt und die stumpf gewordenen Hautnerven milde anregt! Wie von gesunder Anstrengung unterm Sonnenhimmel die Muskeln schwellen, die Glieder sich recken, der ganze Leib kraftvoll gestrafft ist- und doch auch wieder soviel geschmeidiger sich erweist, als in der beengenden Kleidung" (...).
Wieviel leichter einem doch alles hier fällt! Fast als wäre die Schwerkraft vermindert, das Trägheitsmoment beseitigt, wenn man sich so frei und wunderseltsam leicht fühlt im adamitischen Gewande".
Er schloss mit dem Fazit: "So erzieht man also den Körper, nimmt den Leib in strenge Zucht. Die 'Stadt der Intelligenz' ist eben in allem voran, sogar mit 'intelligenter Leibeszucht' dieses neuen Kalibers".
Um dem Ansinnen intelligenter Leibeszucht mehr Schwung nach außen zu verleihen und um die Gesinnungsgemeinschaft zu bekräftigen, wurde, wie es in Deutschland üblich war (und ist), ein Verein gegründet. Eben jener Deutsche Verein für intelligente Leibeszucht. Er wollte zu gesunder Körperkraft und Formenschönheit ausbilden, um kernige (Volks-) Gesundheit zu erreichen. Dahinter stand die Kritik an der "Verweichlichung und Entartung der Rasse" durch die moderne Gesellschaft. Reine Geistesbildung müsse durch Leibeszucht, d.h. vor allem durch Pflege der Freilichtgymnastik in Form des Nacktturnens zur Abhärtung ergänzt werden. Es ging den Vereinsgründern also nicht nur um Sport, sondern um ein geistiges Ideal, das sich an den Vorstellungen der alten Griechen orientierte. Zur Veranschaulichung seien hier zwei Leitsätze wiedergegeben, die in der als Vereinsorgan fungierenden Zeitschrift
"KRAFT UND SCHÖNHEIT"
abgedruckt sind.
Ausspruch des Euripides: "Als vollkommener Mann der Schöpfung gilt mir einer, der mit derselben Hand die Iphigenie schreibt und bei den Olympischen Spielen sich die Siegerkrone aufs Haupt setzt."
Von Dr. Emil Jacobsen:
"Durch Leibeszucht zur Manneszucht;
Durch Manneszucht zur Selbstzucht.
Nur Selbstzucht uns befreit.
Von Selbstsucht, Haß und Neid.
Ein Ziel für Mann und Weib:
Gesund an Seel'und Leib. "
Wer seinen Körper vernachlässigt, schädige nicht nur sich selbst, sondern er handle gegen die Natur. Körper und Seelen seien eben als Einheit zu sehen. Unser Verein war mit diesen Ansichten Teil einer Lebensreform- und Nacktkulturbewegung, die sich gegen gesellschaftliche Moralvorstellungen (u.a. auch in zahlreichen Prozessen) wehren musste.
Angesichts der Schwierigkeiten mit der Polizei und den dahinterstehenden gesellschaftlichen Moralvorstellungen sollte für die eigene Sache geworben werden. Man sollte sich an Natürlichkeit bzw. Nacktheit beim Betreiben der Leibeszucht gewöhnen. Dies wurde von den Gründungsmitgliedern als Aufklärungskampf verstanden, mit dem Ziel, die neu entstandene Bewegung über das ganze Land zu verbreiten. Für die Verbreitung des Gedankenguts war die Herausgabe der Zeitschrift "Kraft und Schönheit" außerordentlich wichtig. Des Weiteren half dem Verein die Mitgliedschaft zahlreicher namhafter Persönlichkeiten aus dem gebildeten Bürgertum. Neben etlichen Professoren und Ärzten sind hier vor allem der bekannte Jugendstilmaler Fidus alias Hugo Höppener (er illustrierte die Zeitschrift "Kraft und Schönheit") und General von Moltke (Chef des Generalstabes der Armee und Generaladjudant seiner Majestät des Kaisers und Königs) zu nennen.
Um Anerkennung zu gewinnen, wurden die nationalen Vorteile einer Körperbildung bzw. einer Körperkultur angepriesen. Für das imperialistische Großmachtstreben brauche das Deutsche Reich doch "gesundes, körperlich und seelisch tüchtiges Rekrutenmaterial" und darüber hinaus "wetter- und seuchenfeste Kolonisten". Mit diesen Worten versuchte man 1908 den Kronprinzen des Deutschen Reiches in einem Brief vom Anliegen des Vereins zu überzeugen. In dem Brief wurde Volksgesundheit als nationale Sache gepriesen, zu der der Verein beitragen wolle. Der Wettbewerb der Völker stelle halt stetig neue Anforderungen, um im Konkurrenzkampf mit anderen Nationen zu bestehen.
Ganz im Sinne des Werbens um die öffentliche Meinung stand auch die Festschrift des Vereins zu seinem Kostümfest im Jahre 1908. Ehrenvorsitzende, angesehene Künstler und Musiker äußerten sich positiv zur Idee der Leibeszucht und Körperkultur. Einzelne forderten eine Abgrenzung zur Nacktkultur als Gesamtbewegung, um zu besänftigen und die eigene Sache mit Maß zu vertreten.
Mit den Mitteln Werben und Besänftigen (z.B. auch durch eine Vielzahl von öffentlichen Vorträgen in ganz Deutschland) gelang es tatsächlich, die Bewegung immer weiter auszudehnen, so dass sich in den Jahren nach 1901 in verschiedenen Städten Ortsgruppen bildeten. Dabei blieb die Ortsgruppe Berlin, des bereits im
Gründungsjahr in
"DEUTSCHER VEREIN FÜR VERNÜNFTIGE LEIBESZUCHT"
umbenannten Vereins, die mit Abstand größte. In ihr bildete sich auch schnell eine Frauengruppe, die ab 1902 probeweise einen Luftbadetag zugesprochen bekam. Einen herben Rückschlag erhielt die Bewegung und insbesondere die Berliner Ortsgruppe in den Jahren 1902/1903, als das "Licht-Luft-Sportbad am Kurfürstendamm", "anderen gewinnbringenden Zwecken Platz" machen musste. Ganz so, als wenn ein Mensch gestorben wäre, wurden in der Zeitschrift "Kraft und Schönheit" ein Nachruf und eine Trauerrede veröffentlicht. Der Vorsitzende des Gesamtvereins Gustav Möckel sprach dementsprechend auch von einem Gefühl, das vergleichbar mit dem Verlust eines lieben Verwandten sei. Mit einer Schimpftirade gegen das Spekulantentum, das das Heiligtum niedergerissen hätte versuchte er, sich und allen Vereinsmitgliedern Mut zu machen. Ersatz sollte geschaffen werden, jedoch war dies angesichts des erheblichen Verlusts von investiertem Geld nicht sofort realisierbar.
Erst im Jahre 1906 wurde in Eichkamp „ein Luftbad großen Stils“ neu eröffnet. Dieses befand sich allerdings noch nicht an der Stelle, wo auch heute noch Sport im „Sinne der Körperkultur“ getrieben wird. Das heutige Gelände wurde erst in den Jahren 1911-1914 bebaut, nach dem sich eine Automobilstraßengesellschaft, besser bekannt als AVUS entschied, gleichnamige Rennstrecke und Autobahn auf dem Luftbadgrund zu errichten.
Das damalige Gelände musste der später berühmt und berüchtigt gewordenen Nordkurve weichen. Allerdings erhielt der Verein diesmal eine Entschädigung von 15.000 Goldmark und ein durch die Königliche Forstverwaltung Potsdam verpachtetes Areal mit der Adresse: Im Jagen 53 b – heute Maikäferpfad 36.
Am 3. April 1905 entschlossen sich die Mitglieder der Ortsgruppe Berlin, ihren Verein umzubenennen in
"VEREIN FÜR KÖRPERKULTUR",
allerdings mit dem Zusatz "Ortsgruppe Berlin des Deutschen Vereins für vernünftige Leibeszucht". Diese Umbenennung unter dem Vorsitzenden der Berliner Ortsgruppe Dr. Paul Jaerschky markierte den ersten Schritt eines Abnabelungsprozesses. So fiel der Zusatz schnell weg. Ideell blieb man dem Gesamtverein jedoch zunächst eng verbunden. Bis zum Jahre 1908 druckte der VfK seine Vereinsnachrichten noch in der Zeitschrift "Kraft und Schönheit" ab. Den Mitgliedern wurden dann die Mitteilungen der Ortsgruppe direkt übersandt. Erstens geschah dies, um sie ausführlicher gestalten zu können und zweitens sollte in "Kraft und Schönheit" für die Sache insgesamt und in ganz Deutschland geworben werden. Vereinsnachrichten einer Ortsgruppe hätten die Mehrzahl der Leser überhaupt nicht interessiert. Hier wurden z.B. Ausflüge, Feste, Übungszeiten und Fußmärsche bis zu 40 km angekündigt.
Die sportlichen Betätigungen in Eichkamp ab 1906 kämen dem heutigen Betrachter äußerst komisch vor und würden wohl manches Schmunzeln auf sein Gesicht zaubern. Da wurde gerungen, gesprungen, geworfen, gefochten und gestemmt. Besonderer Beliebtheit erfreute sich das Tauziehen. Auch das Faustballspiel hatte schon einen wichtigen Platz im Vereinsleben. Das Ganze sollte idealerweise natürlich nackt geschehen, immer mit dem Ziel, bewusste Körperbildung zu betreiben und den Muskelapparat harmonisch durchzuformen. Zum Vergleich wurden regelmäßig Körpermessungen unter ärztlicher Aufsicht und Körperformenkonkurrenzen durchgeführt. Dazu gab es auch Hinweise, wie man sich zu ernähren, und was man zu vermeiden habe (z.B. Alkohol; dagegen seien Liebe und Rauchen in Maßen durchaus in Ordnung).
Alte Ideale – neue Sportarten 1918-1933
Nach dem 1. Weltkrieg von 1914 - 1918 und der Gründung der ersten deutschen Demokratie in Deutschland musste der Verein nun nicht mehr um seine Daseinsberechtigung kämpfen. Sport wurde in den 1920er Jahren zum Mittelpunkt. Auch wenn die ideelle Grundlage "vernünftige Leibeszucht" weiterhin als Zweck und Ziel des Vereins festgehalten war, fand neben dem Luftbadebetrieb verstärkt Wettkampfsport statt. Zahlreiche neue Sportarten, wie Hockey, Leichtathletik, Handball (alle ab 1924), Tischtennis (1929) und sogar eine Skiabteilung (1927) wurden jetzt angeboten (u.a. auch um die Mitgliederzahl zu erhöhen).
Neben dem altbekannten und beliebten Faustballspiel nahm in dieser Zeit auch ein neues Spiel namens Tamburin (Scheibe mit einer Kalbsfellbespannung, mit der ein Gummiball über eine Schnur geschlagen wurde) seinen Anfang. Dieses Spiel wurde in der Fortentwicklung zum heutigen Bambi-Tennis bzw. Speckbrettspiel. Besonders im Mittelpunkt standen jedoch in den 1920er und 1930er Jahren Handball und Leichtathletik, da sie im Gegensatz zu den anderen Sportarten wettkampfmäßig betrieben wurden.
Die alte Idee der Körperbildung als Bollwerk gegen die Schäden der Zivilisation, für die Gesundung der Großstadtbevölkerung und als Grundlage sittlichen Lebens waren dabei weiterhin die Ideale, auf denen alle sportlichen Betätigungen beruhen sollten. Dies lässt sich aus der Rede des damals 1. Vorsitzenden Dr. Meisner zum 25jährigen Vereinsjubiläum entnehmen, der die Besonderheit des VfK in diesem Zusammenhang betonte. Sprachlich wurde dies jedoch alles etwas sanfter formuliert als in der Gründerzeit des Vereins.
Dr. Meisner schloss seine Rede zum Beginn des großen Festes mit dem von allen erwiderten Ruf: "Der Verein für Körperkultur, er lebe Hoch! Hoch! Hoch!". Damals wusste noch keiner, dass nur ein knappes Jahrzehnt später ganz andere Worte im VfK erschallen sollten.
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre wurde ständig versucht, die Mitgliederzahl zu erhöhen und ein geselliges Vereinsleben zu gestalten. Anfang der 1930er Jahre schien dies in besonderem Maße gelungen zu sein. Neben der Verdoppelung der Mitgliederzahl (1926: 390; 1931 über 800) und 25.000-30.000 Besuchern pro Jahr im Luftbad fanden als besondere Höhepunkte immer wieder Boxveranstaltungen mit
Deutschen Amateur- und Profimeistern auf dem Vereinsgelände des VfK statt.
Der VfK unterm Hakenkreuz 1933-1945
Obwohl die Mitgliederzahl schon im Jahr 1932 zurückging, wurde sie durch den schon am 17. Juni 1933 im VfK eingeführten "Arierparagraphen" nochmals erheblich vermindert. Hatte es in den Vereinsmitteilungen vom April 1933 noch geheißen "Keine Politik in der Anlage", weil der Vereinsfriede höher stehe, so wurde auf der Mitgliederversammlung am 17. Juni 1933 durch den 1. Vorsitzenden Rissmann die neue nationale Regierung Adolf Hitlers befürwortet. Er sah einen neuen Weg zur Volksgemeinschaft durch die Ausschaltung jüdischen Einflusses gewährleistet, weil er der deutschen Art fremd sei. Seine Rede schloss er mit einem Heil auf Vaterland, Volk und Führer. Anschließend wurde mit 95:1 Stimmen § 9 Abs.l Satz 2 der Satzung folgendermaßen geändert: "Nichtarische Abstammung schließt von der Mitgliedschaft aus. Dies erstreckt sich auch auf arische Personen, die mit Nichtariern verheiratet sind."
In der Vereinszeitung vom August 1933 wurde dann eine ausführliche Begründung zu dem sogenannten Arierparagraphen abgedruckt, die aus der national-sozialistischen Beamtenzeitung entnommen war. Danach sei der "Arierparagraph" keine politische Frage oder eine Glaubensfrage, sondern ausschließlich eine Rassenfrage. Gott, so der Autor, wollte verschiedene Rassen, sonst hätte er nicht unterschiedliche geschaffen. Die Mischung der Rassen sei aufgrund der modernen Zivilisation entstanden und würde Naturgesetzen widersprechen. Deshalb müsse die Verseuchung und der Zerfall des Volkstums bzw. der Rasse gestoppt und das Übergewicht der Juden beseitigt werden. Es dürfe keine Humanität, christliche Nächstenliebe, usw. geben, denn der eigene Stamm habe Vorrang.
Diese abscheulichen Begründungen führten zum größten systematischen Völkermord in der Weltgeschichte. Antisemitismus hatte es schon vorher im Deutschen Reich und in der Weimarer Republik gegeben, doch jetzt wurde er zur Staatsdoktrin und damit auch zur Vereinsdoktrin erhoben. Während es am Anfang des Jahrhunderts noch um die Leibeszucht aller Deutschen im Konkurrenzkampf mit anderen Nationen ging, also deutlich nationalistisch geprägt war, wurde jetzt jedoch eine Volksgruppe ausgeschlossen und aus dem Leben verdrängt.
Ebenso wie in dieser Frage schaltete sich der VfK am 5. August 1933 in der Vereinsorganisation gleich. In der Diskussion, ob der Verein auf das "Führerprinzip" umgestellt werden solle, meldete sich auf der Mitgliederversammlung das Mitglied Reinefeld zu Wort, der politische Vorgänge nicht auf den Verein übertragen sehen wollte. Er fügte noch hinzu, dass ein aus seiner Sicht möglicher Führer (eigene Anmerkung: aufgrund des Arierparagraphen) gerade aus dem Verein ausgeschlossen worden sei. Daraufhin wurde er von der Mehrzahl der anwesenden Mitglieder des Vereins- und Landesverrats beschuldigt und verließ mit einer kleinen Gruppe die Versammlung. Anschließend konnte "problemlos" das Führerprinzip beschlossen werden. Die Sitzung wurde mit Heilrufen und dem Singen des Horst-Wessel-Liedes (Parteihymne der NSDAP) beendet.
In den folgenden Jahren änderte sich noch einiges mehr. Beispielsweise wurde die Teilnahme an Schulungs- und Kameradschaftsabenden Pflicht. Der VfK trat dem "Reichsbund für Leibesübungen" (ab 1939 "Nationalsozialistischer... ") bei. Auch die Grußformeln "Heil Hitler" bzw. "Sieg Heil" wurden verpflichtend eingeführt und ein Jahr lang (von Feb. 1934- Feb. 1935) nannte man sich "Verein für Körperzucht". Dieser Name wurde jedoch nie ins Vereinsregister eingetragen.
Hitler hatte klare Vorstellungen über Sinn und Ziele des Sports. In seinem Buch "Mein Kampf" beschrieb er das Menschheitsideal des völkischen Staates folgendermaßen: ,,( ...); nicht in ehrbaren Spießbürgern oder der tugendsamen alten Jungfer sieht er (eigene Anmerkung: der völkische Staat) sein Menschheitsideal, sondern in der trotzigen Verkörperung männlicher Kräfte und in Weibern, die wieder Männer zur Welt zu bringen vermögen". Sport sollte also dazu beitragen, für das "Volksganze" stahlharte wehrfähige Männer heranzubilden und Frauen für ihre "Gebäraufgabe" fit zu halten. In diesem Sinne änderte sich im April 1935 auch die Satzung des VfK, nach der "Erziehung der Mitglieder im Sinne des nationalsozialistischen Volksstaates" geschehen sollte.
Als vereinsinterne sportliche Höhepunkte dieser Zeit können der Sieg der Faustballfrauen beim Gaufest Brandenburg (einschließlich Berlin) 1937 und der viermalige Sieg der VfK-Frauen beim Staffellauf "Potsdam-Berlin" von 1938-1941 gelten. Ansonsten bildeten, wie schon in den 1920er Jahren, vor allem Handball und Leichtathletik den Schwerpunkt der sportlichen Aktivitäten, aber auch Gymnastik und Skifahren waren sehr beliebt.
Für besonderes Aufsehen auf dem VfK-Platz sorgte während der Olympischen Spiele in Berlin 1936 die Leichathletikmannschaft Kanadas, die hier ihre Trainingsstätte besaßen. Dafür wurde das Gelände im Voraus grundlegend renoviert. Der finnischen Mannschaft war die 350m lange Aschenbahn zu kurz, weshalb Sie die Nutzung für ihr Training ablehnten.
Nachdem Hitler-Deutschland Polen am 1. September 1939 überfallen hatte, wurde in den Vereinsmitteilungen vom Oktober 1939 die enge Verbundenheit mit "unseren Vaterlandsverteidigern" bekundet. Man machte deutlich, dass man hinter dem Führer als "geeintes Volk" stünde und zu allem bereit war. Dieses von Hitler als "unbesiegbare Schicksalsgemeinschaft" bezeichnete deutsche Volk kämpfte nun bis zum 8. Mai 1945, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation vor den Alliierten. Trotz aller anfänglichen militärischen Erfolge kamen sehr schnell die ersten Todesnachrichten von der Front.
In sportlicher Hinsicht gab es Stück für Stück immer mehr Einschränkungen. Sporthallen wurden als Nahrungsmittellager benötigt, Spieler verließen ihre Heimat, um an irgendeiner Front zu kämpfen, so dass z.B. 1941 der Handballspielbetrieb eingestellt werden musste. Auch knappe Materialzuteilungen erschwerten den Vereinsbetrieb. Zunehmend fungierte die Vereinszeitung als Forum für Feldpostbriefe von Vereinsmitgliedern. Nur vereinzelt wurde bis ins Jahr 1944 noch Sport im VfK betrieben.
Neuanfang – Aufbau – Mauerbau 1945-1961
Der Neuanfang nach 1945 gestaltete sich in mehrerlei Hinsicht schwierig. Neben der Zerstörung des gesamten Vereinsgeländes mit Ausnahme der Sonnenhalle durch Brandbomben hatten die Alliierten 1945 sämtliche Vereine aufgelöst. Ab 1946 (offiziell ab April 1947) bestand jedoch immerhin die Möglichkeit, als Sportgruppe VfK im Sportamt Charlottenburg zu existieren, bis 1949 der VfK wieder ein regulärer Verein wurde. Grundlage dafür war die 1950 geänderte Satzung vom 19. November 1950, nach der der Verein Humanität und Völkerverständigung fördern und an der demokratischen Erneuerung des deutschen Volkes mitarbeiten wolle.
Ansonsten standen die zweite Hälfte der 1940er und die 1950er Jahre ganz im Zeichen des Wiederaufbaus. Es fehlte an Material, Bällen, Geld, usw.; nur an zu erledigender Arbeit fehlte es nicht. Sehr schnell wurde versucht, das Vereinsleben wieder in Schwung zu bringen. Es wurden z.B. gesellige Abende veranstaltet und ein Festausschuss gegründet. Bereits zum 50jährigen Jubiläum 1951 konnte das Damenluftbad wiedereröffnet werden. Dieses Jubiläum konnte allerdings, aufgrund der materiellen Situation, nicht so ausgiebig gefeiert werden.
Im sportlichen Bereich übernahm das Faustballspiel die Funktion des Aushängeschildes des VfK. So konnten in den 1950er Jahren zahlreiche Berliner Meistertitel und Teilnahmen an Deutschen Meisterschaften verzeichnet werden. Besonders hervorzuheben sind hier die Deutschen Meistertitel 1950 in der Altersklasse 50 (AK50) und 1959 in der AK40. Auch die 1. Männermannschaft zählte zur nationalen Spitze, denn sie befand sich über das ganze Jahrzehnt hinweg immer unter den sechs besten Mannschaften der Deutschen Meisterschaften.
Andere Abteilungen wie Leichtathletik oder Ski kamen im Laufe der 50er Jahre auch wieder in Schwung. Mit besonderen Materialproblemen hatten die Tamburinspieler zu kämpfen, da es keine Kalbsfelle gab, wurden Eigenkonstruktionen der verschiedensten Art aus Holz entwickelt. Wie eh und je gehörten das Luftbad und die Gymnastikabteilung zu zentralen Institutionen des Vereins.
Bereits Mitte der 1950er Jahre wurde der Bau eines neuen, uns allen bis heute "Heimat" bietenden, Vereinsheimes geplant, das pünktlich zum 60jährigen Jubiläum als selbstgemachtes Geschenk eingeweiht werden konnte.
Vereinsmitglied Hilde Altmann-Reich dichtete dazu:
"Was hier "Mäxle" Kühn* geschaffen,
kann ich staunend nur begaffen!
Jahre wards bedacht, geplant,
niemals doch so schön erahnt.
Unser Haus vom VfK
Neu und herrlich steht es da."
* Wortschöpfung aus
Max Finkbeiner und Robert Kühn
Ein Opfer politischer Umstände wurde der VfK 1958 und 1961. Im ersten Fall tauchte plötzlich der im Ostteil der Stadt wohnende Platzwart nicht mehr auf. Damals vermutete man, dass er aus politischen Gründen verhaftet worden sei. Nur drei Jahre später verlor man wiederum den Platzwart und zahlreiche Mitglieder (auch aus dem Vorstand) des Vereins durch den Mauerbau, der die Menschen der Stadt auf unmenschliche Art und Weise 28 Jahre trennen sollte.
Kontinuität in der geteilten Stadt 1961-1989
Noch mehr als im Jahrzehnt davor, konnte die Faustballabteilung in den 1960er Jahren Erfolge für den VfK verbuchen. So nahmen immer mehrere Mannschaften an den Deutschen Meisterschaften teil, bei denen die 40er dreimal Deutscher Meister (nach 1959 auch 1960, 1961 und 1964), die 30er zweimal Deutscher Meister (1964 und 1966) und die Jugend Deutscher Vizemeister (1961) wurden.
Die 1. Männermannschaft war weiterhin ständiger Teilnehmer an den Deutschen Meisterschaften. Dort reichte es jedoch meist nicht mehr zu ähnlichen Erfolgen wie in den 1950er Jahren.
Neben dem Faustball wurde die 1961/62 neu gegründete Prellballabteilung zu einem neuen Aushängeschild des VfK. Bereits 1964 wurde die 40er Deutscher Vizemeister, was 1968 auch den 50ern gelang. Nur ein Jahr später gewannen jene 50er sogar den Deutschen Meistertitel. Darüber hinaus bildeten vor allem die Feste und die Skifahrten Höhepunkte im Vereinsleben des VfK.
Nachdem die FaustbaIler Anfang der 1970er Jahre mit dem Deutschen Vizemeistertitel der 1. Männermannschaft 1971 (in der Halle) und die 40er 1971 und 1972 (auf dem Feld) noch einige Erfolge einheimsen konnten, wurden die DM-Teilnahmen weniger und zweimal konnte der Abstieg aus der bereits in den 60er Jahren eingeführten Bundesliga nicht vermieden werden.
Im Prellball konnte der VfK zeitweise Bundesligamannschaften im Männerbereich (1971-1975 und 1979) und im Frauenbereich (1976-1979) aufweisen.
Neuen Schwung brachte die 1971 gegründete Bambi-Tennisabteilung, die, nachdem sie sich Hartplätze gebaut hatte, 1973 bis heute bestehende Kontakte nach Münster knüpfte und von dort die sogenannten Speckbretter importierte. Fortan wurde nun auch mit einem Tennisball gespielt, was das bisherige Spiel doch wesentlich veränderte.
Insgesamt wurde stärker als bisher ein mangelnder Zusammenhalt beklagt. Deshalb wurde auch 1973 eine Initiative gegründet, die für mehr Verständnis der Abteilungen untereinander warb. Auch der Festausschuss war um mehr Gemeinsamkeit bemüht. Unter anderem organisierte er 1976 zum 75. Geburtstag einen Jubiläumsball im Berliner Saal der Deutschlandhalle. Außer dem offiziellen Festakt im Rathaus wurde auch ein Jubiläums-Faustballturnier mit der deutschen Nationalmannschaft organisiert.
Die Faustballer der ersten Männermannschaft hatten sich Anfang der 1980er Jahre als "Fahrstuhlmannschaft" erwiesen, bis sie von 1984 - 1989 bei allen Aufstiegsspielen den Schritt in die erste Bundesliga knapp verpassten. Erst 1990 sollte der Aufstieg wieder gelingen, allerdings war man in der Zeit davor immer mit zwei Teams in der Regional- bzw. 2. Bundesliga oben in der Tabelle vertreten.
Bei den AK-Mannschaften sorgten vor allem die 50er mit ihrem Deutschen Meistertitel 1982 und ihrem Turnfestsieg 1983 für Aufsehen.
Obwohl die Prellballer nahezu ständig bei Frauen (bis 1985) und Männern in der Regional- bzw. 2. Bundesliga vertreten waren, sorgten vor allem die AK-Mannschaften mit DM-Teilnahmen für Furore. Besonders die 30er Herrenmannschaft der Prellballer war von 1981 - 1985 immer unter den Top 4 und 1981 Deutscher Meister. Einen weiteren Deutschen Meistertitel konnten die 40er 1989 verbuchen.
Neben den altbekannten Aktivitäten im VfK wurde 1984 das Angebot um eine Eltern Kind-Turngruppe erweitert.
Der VfK im Wandel 1990-2011
In den 1990er Jahren waren die Faustballmänner nur sporadisch in der 1. Bundesliga vertreten. Bei den zahlreichen jetzt "gesamtdeutschen" Meisterschaftsteilnahmen dieser Abteilung konnte die 30er bzw. 35er Mannschaft mit den DM-Titeln 1995 und 2003 sowie der Vizemeisterschaft 1999 bei einer der "besten Deutschen Meisterschaften aller Zeiten" in eigener Halle und 2002 in Schneverdingen (Feld) die größten Erfolge einfahren. Ebenfalls ein Vizemeistertitel erreichten die 50er im Jahr 2000.
Auch bei den Prellballern konnten weiterhin die AK-Mannschaften für besonderes Aufsehen sorgen. So wurden die 40er nach 1989 auch 1990 Deutscher Meister und 1991 Vizemeister. Die Erfolgsserie setzte sich bei den 50ern mit den Deutschen Meistertiteln 1994 und 1999 fort.
Neben einer immer wieder beklagten schlechten Zahlungsmoral einiger Mitglieder hatte der VfK in den 1990er Jahren mal wieder mit sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen. Außerdem ist seit 1993 ein Teil seines Geländes als öffentlicher Sportplatz ausgewiesen. Um die Nutzung des Platzes im eigenen Sinne zu lenken, wurden zeitweise neben den Jugendlichen der Eishockey-Preussen die Baseballer der SG Rupenhorn aufgenommen. Durch die Aufnahme der Sportart Lacrosse im Jahr 1996 in den VfK erweiterte der Verein sein eigenes Angebot und damit auch sein Nutzungsbedürfnis. Über 10 Jahre wurde das Spiel von den Aktiven mit sehr viel Begeisterung und außerordentlichem Erfolg betrieben. Nach etlichen Deutschen Vizemeistertiteln konnten die Frauen 1998 den Bann brechen und erstmals Deutscher Meister werden. 1999 zogen auch die Männer nach und konnten mit den Frauen, die ihren Titel verteidigten, den totalen Triumph feiern. Die vom VfK ausgerichtete DM 2000 brachte unter großem Medieninteresse erneut den Titel für die Damen und Herren.
Die bisher letzten 10 Jahre der Vereinsgeschichte nach dem Festakt zum 100jährigen Jubiläum brachten viele Neuerungen und vor allem auch sportliche Erfolge.
Die erste einschneidende Neuerung brachte die Gründung der Abteilung „Schule & Sport“ im Jahr 2004. Um Kindern der benachbarten Reinfelderschule eine Hortbetreuung auf dem Gelände anbieten zu können, wurde die baufällige Sonnenhalle saniert und die „Sonnenpiraten“ zogen ein. In einem weiteren von der Schulbehörde errichteten Gebäude werden seit 2006 noch mehr Kinder der Schule betreut.
Im Jahr 2005 wurde die Abteilung „Freizeit & Erholung“ gegründet, die verschiedene sportliche Aktivitäten anbietet.
Die Auflösung der Lacrosse- und Gymnastikabteilung in den Jahren 2006 und 2007, wurde in gewisser Weise durch die Neugründung der Tennisabteilung im Jahr 2008 aufgefangen, die heute die größte Abteilung des Vereins bildet. Im gleichen Jahr startete auch das alljährlich stattfindende Rasentennisturnier, das bereits im zweiten Jahr Ranglistenstatus erhielt.
Unter den vielen herausragenden Leistungen der Sportler im VfK ist vor allem der deutsche Meistertitel der Faustballmänner im Jahr 2009 sowie die Vizemeisterschaft 2010 hervorzuheben, die ebenso wie die Frauenmannschaft seit etlichen Jahren zu den besten Mannschaften Deutschlands zählen. Im Jahre 2010 wurde vom VfK 1901 mit dem Faustball Europacup der Männer erstmals ein europäisches Finalevent in Berlin ausgetragen. Im August 2011 wurden die Spieler der 1. Männermannschaft Sascha Ball und Lukas Schubert mit dem deutschen Nationalteam Weltmeister. Und auch der Trainer Olaf Neuenfeld gehört im Jahr 2011 zum Team der Männer 35 des VfK.
Fassen wir zusammen:
110 Jahre "Verein für Körperkultur" eine körperlich und politisch bewegte Geschichte. Trotz aller Höhen und Tiefen hat er es jedoch fast immer geschafft die körperliche und sportliche Bewegung in den Mittelpunkt des alltäglichen Vereinslebens zu stellen.
Mario Hanschmann-Neubert
Weiterführende Links: Zeittafel der VfK Geschichte