Die Deutsche Faustball Liga lehnt den Antrag auf Verschiebung der anstehenden Hallensaison ab. Während europaweit die Fallzahlen der aktuellen Corona-Pandemie weiter dramatisch ansteigen positioniert sich das Präsidium nach dem Prinzip „Was nicht verboten ist, ist erlaubt“. Dabei verpasst die DFBL die Chance sich als gesellschaftspolitisch verantwortungsvoller Verband zu positionieren und sendet ein mehr als unglückliches Signal im Umgang mit der Krise.
Geradezu haarsträubend liest sich dazu die aktuelle Pressemitteilung des Verbands auf www.faustball-liga.de zum Saisonstart in die Hallensaison.
Nicht vorhersehbare Dauer der Pandemie
Mit der bereits in Teilen abgesagten Feldsaison 2020 erklärt die DFBL bereits viel geopfert zu haben. Man hatte gehofft, das Ende der Pandemie sei vor Beginn der Hallensaison erreicht. Bei dem nicht vorsehbaren Andauern der Krise wäre der Start in die Saison besser, als sich von einer Terminverschiebung zur nächsten zu hangeln, so der Tenor der Mitteilung.
Die Erklärung stimmt äußerst nachdenklich, denn das Ansteigen der Infektionszahlen ab dem Herbst war bereits im Frühjahr vorgesagt. Dass erst ein möglicher Impfstoff die Situation und den Umgang mit der Pandemie nachhaltig verändern würde, war bekannt. Eine frühzeitige Anpassung der Hallensaison (z.B. zur Vermeidung von Reiseaktivitäten) an die aktuellen Geschehnisse wäre möglich gewesen. Dass ein ganzes Gremium, wie das DFBL-Präsidium nun mehrheitlich von der vorhergesagten Pandemie-Entwicklung nicht gewusst haben will, erschrickt doch sehr.
Ausreichendes Hygieneschutzkonzept
Das Hygieneschutzkonzept der DFBL ist Voraussetzung zur Durchführung der Spiele. Es ist von den Vereinen an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Das Konzept wäre mehr als ausreichend zum Schutz der Beteiligten, erklärt der Verband.
Praxisnahe Antworten zur Umsetzung, der Kontrolle, zum Umgang bei Verstößen und Richtlinien für die Teams (Handlungsspielraum bei der Frage des Antritts, Nichtantritts vor Ort oder Ausschluss einzelner Personen oder Teams und entsprechender Konsequenzen) sucht man bei der DFBL vergebens. Dabei wäre eine solche Anleitung für die Mannschaften nötig und wichtig.
Sportler unter Druck
Klar wollen Sportler den Wettkampf und das ist auch gut. Insofern ist es kaum verwunderlich, wenn ein Großteil der Teams auf Nachfrage der DFBL ein entsprechendes Signal sendete. Aufgabe eines Verbandes ist jedoch nicht nur die Rahmenbedingungen zur Durchführung von Wettkämpfen zu stellen, sondern in besonderen Situationen die gesellschaftliche und politische Verantwortung zu übernehmen. Eine solche (Ausnahme)-Situation stellt die aktuelle Pandemie sicherlich dar.
Die Bundesregierung hat die Bevölkerung aufgerufen, Kontakte möglichst zu vermeiden und auf unnötige Reisetätigkeiten zu verzichten. Mit Beginn der Hallensaison schickt die DFBL nun zahlreiche Mannschaften auf längere Reisen zu ihren Spieltagen.
Ein Kratzen im Hals, etwas erhöhte Temperatur – bleibt man zu Hause und lässt sein Team im Stich?
Riskiert man mit einer kurzfristigen Absage den Auf- oder Abstieg oder die Teilnahme an einer langherbeigesehnten Deutschen Meisterschaft? Verzichtet man auf den Spielantritt, wenn sich vor Ort herausstellt, dass Hallen nicht ausreichend belüftet sind oder die Vorgaben zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes nicht eingehalten werden?
Die vielfach jungen Sportler stehen vor zahlreichen (nicht-sportlichen) Entscheidungen und Drucksituationen, die mit einer Verschiebung bzw. Absage der Hallenrunde zu vermeiden gewesen wären. Denn die Verantwortung zur Durchführung der Saison liegt beim Verband. Es steht zu befürchten, dass der Hygieneschutz nicht selten verbogen und eher lax ausgelegt wird, um entsprechende Handlungsspielräume zu erhalten oder sein Verhalten zu rechtfertigen oder weil man es manchmal auch angesichts sich permanent verändernder Umstände nicht besser weiß. Dies ist kein Vorwurf an die Sportler oder die Vereine, die einer solchen Situation in dieser Form einfach nicht ausgesetzt werden sollten.
Wenige Tests, wenig Klarheit
Man darf zudem nicht vergessen, dass die Aktiven anders als bei „kommerzielleren“ Sportarten nicht regelmäßig getestet werden. Es steht also ebenfalls zu befürchten, dass die Teams bei ihren Reisen mit symptomfreien Krankheitsverläufen aktiv zum Infektionsgeschehen beitragen werden.
Die oftmals notwendige Gruppenfahrt zum Spiel wird für die Spieler aufgrund des geringen Abstands zum Roulette, wenn sich am Wochenende Lehrer, Polizist, Väter oder Mütter von Schul- und Kitakindern oder Schüler und Studenten im gemeinsamen Mannschaftsbus wiedersehen. Familien, Angehörige und Kollegen müssen dieses erhöhte Risiko zwangsläufig mittragen.
Welche Auswirkungen die überregionale Durchführung von Faustballspielen in der aktuellen Situation haben wird, wird sich angesichts der geringen „Corona“-Testdichte im Faustballsport kaum nachverfolgen lassen. Bleibt zu hoffen, dass kein einziger Mensch wegen einer vermeidbaren Faustballsaison auf der Intensivstation landet.
Christian „Bruce“ Lee