Ein Faustball-Schmuckstück der besonderen Art förderte jüngst Tennis-Abteilungsleiter Wolfgang Thalheim, selbst früher aktiver Faustballer im VfK 1901, beim Aufräumen zutage. Dort fielen ihm nämlich die „Richtlinien für die Durchführung von Spielerlehrgängen im Faustball“ vom früheren Reichslehrwart Willy Günther (Berlin) in die Hände. Vermutlich in den 1930er Jahren verfasst gibt es leider keine konkreten Hinweise aus welchem Jahr das Dokument genau ist. Dennoch enthält der Lehrplan einige interessante, aber auch amüsante Aspekte. Insgesamt vermittelt der Text einen wunderbaren Einblick in die damalige Zeit, welchen wir nun in insgesamt drei Teilen präsentieren.
Selbstverständlich wird der VfK diese „wertvollen“ Informationen auch den Bundestrainern Olaf Neuenfeld und Chris Löwe zur Verfügung stellen, denen es womöglich für die WM-Vorbereitung nützliche Einsichten gewährt…… :-)
TEIL I
I. Theoretischer Unterricht.
II. Allgemeine Körperschule.
III. Praktischer Unterricht.
Diese Einteilung des Lehrstoffes ist unbedingt innezuhalten, da nur so eine umfassende Lehrtätigkeit gewährleistet ist.
I. Theoretischer Unterricht
1. Allgemeine Einleitung über den Sinn und den Zweck unserer Lehrgänge.
Hinweis auf die Notwendigkeit der Hebung der Spielstärke; sie ist nicht nur notwendig, sie bedeutet auch Stärkung der Kampfreudigkeit und Vertiefung der Freude am Spiel. Jeder Spieler und jede Spielerin unserer höchsten Spielklasse hat die Verpflichtung, an sich zu arbeiten, sich selbst weiterzubilden.
Hinweis darauf, dass unser Faustballspiel nicht nur in den paar kurzen Sommermonaten, sondern so lange zu spielen ist, wie es die Witterungsverhältnisse nur zulassen.
Hinweis auf die Grösse und den Umfang unserer Spielbewegung.
Benutze das uns zur Verfügung stehende statistische Material über die prozentuale Beteiligungsstärke der einzelnen Gaue an den Sommerspielen. Kurzer Hinweis auf den Werdegang unserer Meisterschaftsspiele. Erste Spielmeisterschaft in Leipzig auf dem Deutschen Turnfest im Jahre 1913, die zweiten Spielmeisterschaften dann erst nach dem Kriege im Jahre 1921 in Hannover und dann fortlaufend in jedem Jahre in einer anderen Stadt unseres Vaterlandes.
2. Spielauffassung.
Wert jedes einzelnen Spielers für die Mannschaft besonders betonen. Alle 5 Spieler können nur im gemeinsamen Wollen und im gemeinsamen Kampf den Sieg für die Mannschaft erringen. Unnütze Unterhaltungen während des Spiels haben zu unterbleiben; sie heben nicht die Kampffreudigkeit der Mannschaft sondern untergraben sie. Lieber einmal mehr einen guten und schwierigen Ball anerkennend hervorheben, als einen gemachten Fehler zu kritisieren. Das Gefühl der Gleichgültigkeit bei den meisten Mannschaften: „ Wir schaffen es ja doch nicht“ ist zu unterdrücken. Wir müssen den Mannschaften sagen, dass sie vorwärts streben, dass sie kämpferischer werden und dass sie unbedingt den Willen haben müssen, in die Entscheidung mit einzugreifen.
„Die Spieltaktik ist bereits vor dem Spiel festzulegen.“
3. Spieltaktik.
Die Spieltaktik ist bereits vor dem Spiel festzulegen, einmal durch Beobachtung des Gegners bereits vor dem Spiel in Bezug auf seine Spielweise, auf seine leicht verwundbaren Stellen, auf seine erkennbaren Schwächen bezw. Auf die erkennbare Stärke. Beobachtung des Schlagmannes und seiner Schläge. Schlägt er nur wuchtig nach hinten oder bevorzugt er das Spiel an der Leine oder auf die Seitenlinie. Wie stark ist er in der Ballannahme, wie ist sein Stellungspiel ? Einstellung und Festlegung der Spielweise meiner Mannschaft unter Berücksichtigung dieser erkannten Eigenarten der Gegenmannschaft. Spiele ich zuerst mit dem Wind und gegen die Sonne oder umgekehrt.
4. Spielsystem.
Angriffs- und Sicherheitsspiel. Betonung der grundsätzlichen Unterschiede dieser beiden Spielsysteme. Das Angriffsspiel erfordert junge, schnelle Spieler mit einem schlagstarken und doch ausserordentlich sicheren Schlagmann. Das Sicherheitsspiel ist beonders gut geeignet für weniger schnelle Mannschaften, deren Stärke die ausserordentliche Sicherheit der Ballannahme ist. Hierbei müssen wir uns grundsätzlich klar darüber sein, dass es uns nicht möglich ist, die eine oder die andere Spielart als die beste zu empfehlen, sondern sie muss auf die Eigenart der betreffenden Mannschaft zugeschnitten sein. Wir können nur diese beiden Systeme erklären und wollen betonen, dass der goldene Mittelweg auch hier der Beste ist.
Lest in Teil II und III warum "das Dreischlagspiel" selbstverständlich sein sollte, was eine "Frontalzuspielstellung" ist, warum das Einkreisen des Balles schon damals aktuell war und freut euch auf die ultimative Auflistung der gebräuchlichsten Schlagarten im Faustball. Haltet Ausschau nach der nächsten Veröffentlichung....